
Wieder mehr Dialog
Die 7. deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen werden ein schwieriger Neuanfang, zumal das SPD geführte Kanzleramt und die von Grünen geführten Außen- und Wirtschaftsministerien durchaus unterschiedliche Interessen in Bezug auf China haben.
Die Lage ist unübersichtlich im Vorfeld der 7. deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, die diese Woche stattfinden. Die Chinesen möchten gerne zu einer Normalität zurückkehren und dabei ist ihnen zum Beispiel wichtig, dass mehr als sechs Ministerinnen und Minister jeweils zusammenkommen. Denn das war die Zahl der Minister der 1. Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Japan im März diesen Jahres. Es sieht gut aus, dass dieses Ziel erreicht wird.
Die Vorbereitungen werden dadurch erschwert, dass die Positionen in der Koalition zu China bekanntermaßen unterschiedlich sind. Während das SPD geführte Kanzleramt eher auf Kooperation geht, setzt das Außenministerium eher auf Konfrontation.
Der chinesische AußenministerQin Gang reist jedoch nicht nach Berlin, wie aus Pekinger und Berliner diplomatischen Kreisen bekannt wurde. Offiziell weil US-Außenminister Antony Blinken derzeit in Peking ist. Das gilt in Peking allerdings nicht als der einzige Grund: Dass es zwischen der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock und ihrem Counterpart Qin Spannungen gibt, ist ein offenes Geheimnis.
Damit hat das Kanzleramt die uneingeschränkte protokollarische Hoheit. Die protokollarische Hoheit bedeutet jedoch nicht, dass es einfach ist, die Koalition in Bezug auf China auf eine Linie zu bringen und wiederum mit den Interessen Pekings zu koordinieren. Klar ist zum Bespiel bereits: Die Gespräche im Bereich Wissenschaft und Forschung werden nur auf Vizeministerebene laufen, weil Bundesforschungsminister Bettina Stark-Watzinger im März nach Taiwan gereist ist. Die Bundesregierung stellt sich auf den Standpunkt, dies sei ein Fachministerbesuch gewesen. Peking müsse damit leben, dass Deutschland auch mit Taiwan bei Wissenschaft und Forschung zusammenarbeitet. Peking steht wiederum auf dem Standpunkt: Regierung ist Regierung. Das Ein-China-Prinzip wurde damit faktisch unterlaufen. Nun werden die Gespräche auf deutscher Seite voraussichtlich von Staatssekretärin Sabine Döring geleitet. Die Professorin hat bezeichnenderweise über das Thema „Gründe und Gefühle. Zur Lösung des Problems der Moral“ habilitiert.
Zusammenarbeit im Bereich autonomes Fahren
Eine der wichtigsten Kooperationsvereinbarungen ist denn auch nicht im Forschungsministerium angesiedelt, sondern nunmehr im Verkehrsministerium, das auch für digitales zuständig ist. Es ist die Zusammenarbeit mit Bereich autonomes Fahren. Hier geht es darum, wie man die bereits 2018 unterschriebenen Absichtserklärung zwischen China und Deutschland weiterführt. Das Ziel ist es, unter anderem einen Datenaustausch möglich zu machen durchaus mit dem Ziel, dass deutsche Autohersteller ihre in China gewonnen Daten auch in Deutschland verwenden dürfen und umgekehrt. Die Wirtschaft wird auch wieder zusammentreffen.
Nach Abschluss der Regierungskonsultationen werden sich Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Li Qiang, Wirtschaftsminister Robert Habeck und die chinesischen Minister für Reform und Entwicklung, Zheng, und Handel, Wang, im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit Unternehmensvertreten treffen im Rahmen des 11. Deutsch-Chinesischen Forum für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit.
Dem Wirtschaftsministerium ist es vor allem wichtig, die sogenannten „Trafo-Gespräche“ mit Substanz zu füllen. Bei seinen Peking Besuch im November hat Scholz einen bilateralen Klima- und Transformationsdialog vereinbart. Wirtschaftsminister Robert Habeck geht es vor allem darum, China auf die deutschen Klimaziele einzuschwören.„Als weltweit größter CO2-Emittent muss es hier seiner Verantwortung gerecht werden“, sagtdie Parlamentarische Staatssekretärin und Grünen-Abgeordnete Franziska Brantner in den Stuttgarter Nachrichten. „China leidet bereits jetzt unter den Folgen der Klimakrise, ein rascheres Vorgehen ist also im Eigeninteresse.“ Doch was Pekings Eigeninteresse ist, will Peking selbst entscheiden und sich nicht von Berlin Tempo und Richtung vorschreiben lassen. Hier werden die Gespräche schwierig. Auch mit dem Klimaclub, den Scholz im vergangenen Jahr während der deutschen G7 Präsidentschaft gegründet hat, tat sich Peking schwer. Die Einladung von Scholz dem Club beizutreten, lehnte Peking ab. Denn die Regeln des Clubs standen schon fest. Und nach Pekings Einschätzung sind das die Regeln der G7 und nicht etwa gemeinsam entwickelte Regeln.
Visaregelungen und Schweinfleisch
Ein anderes schwieriges Thema ist die Visavergabe. Während die Chinesen nun wieder eine sechstägige visafreie Einreise zulassen, ist die deutsche Visaregelung nach wie vor so streng, dass nicht einmal zwei Spitzenstipendiaten des Deutschen Akademischen Auslanddienstes (DAAD) derzeit ein Visum bekommen, wie aus akademischen Kreisen in Peking bekannt wurde. Deutschland hat im Vergleich zu Frankreich, Spanien oder auch den Niederlanden mit großem Abstand die rigidesten Visaregelungen. Das führt dazu, dass viele Chinesen, die in Deutschland zu tun haben, über Frankreich und andere Länder einreisen. In diesem Bereich sollen die Regierungskonsultationen einen Fortschritt bringen.
Ähnlich schwierig ist die Lage beim Thema Schweinefleisch. Frankreich hat bereits im Mai mit China ein Regionalisierungsabkommen für den Fall eines Ausbruches der Afrikanischen Schweinepest (ASP) beschlossen. Das bedeutet: Treten ASP Fälle in Frankreich auf, wird nicht automatisch ganz Frankreich für den Schweinefleischexport nach China gesperrt. Deutschland ist das bisher nicht gelungen. Nach dem Ausbruch der ASP in Deutschland im Jahr 2020 hatten die Chinesen einen bis heute gültigen generellen Einfuhrstopp für Schweinefleisch aus Deutschland verhängt. Deutschlands größter Fleischhersteller, die Tönnies-Gruppe hat bereits im März die Exportabteilung an einem Standort schließenmüssen. Da die Schweinepest nur im Osten Deutschlands festgestellt wurde, hofft Berlin die Chinesen erlauben wieder, dass Schweinefleisch zumindest aus Baden-Württemberg und Bayern geliefert wird. Das würde dem bayrischen Ministerpräsidenten Söder im Wahlkampf helfen. Der chinesische Premierminister Li Qiang wird auf seiner Deutschlandreise jedenfalls bei BMW Chef Oliver Zipse und auch bei dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) in München vorbeischauen.
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