
Jobs in Afrika
Kein Land der Welt gibt Afrika so viel Gesicht wie China mit dem China–Afrika Gipfel, der nun schon zum 8. Mal stattfindet. Doch ein roter Teppich reicht nicht mehr.
Über 50 afrikanische Staatsoberhäupter sind dieses Mal nach Peking gekommen zum Forum on China–Africa Cooperation (Focac), das alle drei Jahre abwechselnd in Afrika und China stattfindet. Darüber hinaus waren Moussa Faki, der Vorsitzende der Afrikanischen Union, ebenso wie der UN-Generalsekretär António Guterres in der großen Halle des Volkes in Peking.
China und Afrika haben wichtige gemeinsame Ziele. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass die aufsteigenden Länder auf der Weltbühne mehr zu sagen haben. Doch es gibt auch große Differenzen zwischen Afrika und China. Den Afrikanern Gesicht geben, wie man im Chinesischen für Hofieren sagt, reicht längst nicht mehr. Die Spitzenpolitiker des Kontinents mit 1,48 Milliarden Menschen - also ähnlich viel Bevölkerung wie China - sind selbstbewusster geworden. Sie fordern mehr und offener Zugeständnisse von China.
Präsident Xi Jinping versprach dem Kontinent denn auch für die nächsten drei Jahre finanzielle Unterstützung in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar. Die Gesamtzusage ist höher als die 40 Milliarden Dollar vor drei Jahren, aber niedriger als die 60 Milliarden Dollar im Jahr 2018.
Die beiden wichtigsten Themen auf dem Forum: Mehr chinesische Produktion in Afrika und eine ausgeglichenere Handelsbilanz.
China ist zwar schon seit 15 Jahren der größte Handelspartner der Afrikaner. Und auch 2023 wurde beim Handel mit 282 Milliarden US-Dollar wieder ein Allzeithoch erzielt. Aber das tatsächliche Bild ist gemischter:
Afrika steht für 4,7 Prozent des Handels von China. „Nur“, sagen die Afrikaner, die 18 Prozent der Weltbevölkerung stellen. „Angemessen“, erwidert Peking angesichts eines Anteils Afrikas an der Weltwirtschaft von knapp 5 Prozent. Geht es um die Ausgeglichenheit des Handels, haben die Afrikaner jedoch einen klaren Punkt: Die Handelsbeziehungen sind von einem schweren Defizit zu Lasten der Afrikaner geprägt. Die Afrikaner haben 2023 Waren im Wert von 109 Milliarden US-Dollar geliefert, die Chinesen hingegen Waren im Wert von 173 Milliarden US-Dollar.
Chinas Premier Li Qiang sagte, dass selbsttragendes und robustes Wachstum das Ziel sein müsse.
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, als einziges afrikanisches Gründungsmitglied von BRICS eine Art Klassensprecher der Afrikaner, hat aus afrikanischer Sicht bei seinem Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping klar gesagt, wo der Schuh drückt. Man will das „Handelsbilanzdefizit verringern“ und den Handel „neu strukturieren“. Und: „Wir erbitten dringend mehr nachhaltige Produktion und Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen.“
Das ist jedoch gar nicht so einfach und liegt nicht immer nur am mangelnden Goodwill der Chinesen. Bereits 2016 hat der staatliche Pekinger Auto-Hersteller BAIC eine CKD Produktion in Südafrika in Coega, Eastern Cape aufgebaut inklusive Schweißeinheit und Lackiererei. CKD bedeutet, dass alle Einzelteile importiert werden und in Südafrika zusammengebaut werden.
Die Fabrik hat eine Kapazität von 50 000 Autos im Jahr. Die gegenwärtige Produktion ist aber noch so niedrig, dass die Zahlen nicht bekannt sind. 45 Arbeiter und viele Roboter arbeiten dort.
Der wichtigste Grund: Der Markt hat größere Stückzahlen nicht hergegeben, obwohl Südafrika der wichtigste Automarkt Afrikas ist.
Allein im vergangenen Jahr ist der Automarkt um 4,4 Prozent geschrumpft. Nun will BAIC sich mit anderen Herstellern zusammentun um wenigstens auf 20 000 Stück zu kommen.
Das wird nicht einfach, denn im ersten Halbjahr 2024 sind Verkäufe sogar um 7,7 Prozent geschrumpft. 246 000 Autos wurden verkauft.
Ein Teufelskreis: Südafrika braucht mehr China Investitionen für mehr Arbeitsplätze und Wachstum, damit sich mehr Menschen Autos kaufen können, doch weil sich die Südafrikaner immer weniger Autos leisten können, zögern die Investoren.
Immerhin können die Chinesen dennoch Marktanteile gewinnen, denn die chinesischen Autos bieten nun ein besseres Preis-Leistungsverhältnis als noch vor ein paar Jahren und es hat sich herumgesprochen, dass sie etwas aushalten.
Der staatliche Autokonzern Chery, immerhin der fünfgrößte Autohersteller Chinas, ist derzeit die führende chinesische Marke in Südafrika. Mit einem Platz sieben im Markenranking stehen die Chinesen im April erstmals besser da als Nissan, Renault oder Kia. Und das, obwohl sie erst ein Jahr im Markt sind. Sie haben mit gut 2000 Autos schon fast halb so viele verkauft wie VW. Der Marktführer Toyota verkauft allerdings mehr als vier Mal so viele Fahrzeuge.
Die zweite Marke ist Haval von Great Wall Motor, deren SUVs zu den 10 am besten verkauften weltweit gehört. Es geht langsam aufwärts für chinesische Autos: In Südafrika haben chinesische Autos 2019 nur zwei Prozent der Autoverkäufe ausgemacht; 2024 sind es jetzt schon 9 Prozent.
Auch in anderen afrikanischen Ländern geht es bergauf vor allem bei den E-Autos. In dem 110 Millionen Menschen Land Äthiopien baut die Xiamen Golden Dragon Bus Co. Ltd. E-Minibusse, aber auch längere 12 Meter Busse mit einem lokalen Partner zusammen. Seit Mitte 2023 wurden bereits über 215 Busse gebaut. Dieses Jahr wurden schon wieder 150 Busse von Xiamen Golden Dragon Bus Co. Ltd. geliefert. Bei den ersten 50 Bussen haben die Chinesen noch geholfen, jetzt können die Äthiopier das allein. Geladen wird in 40 Minuten während der Mittagspause, ohne dass es eine lange Schlange an der Tankstelle gibt. 75 neue Jobs sind entstanden. Die 15 sitzigen Mini-Busse haben eine Reichweite von rund 300 Kilometern.
Die Regierung tut das ihre: Die Einfuhr von E-Auto Teilen ist zollfrei. Bei der Einfuhr von fertigen Autos fallen 15 Prozent Zoll an. In dieser Kombination zollfreie Einfuhr und lokaler Zusammenbau wird daraus ein Geschäft, das sich trägt. Und der potenzielle Markt ist da. Von den 1.2 Millionen Autos in Äthiopien sind viele über 20 Jahre alt. Bei einem Wachstum von 7,2 Prozent ist auch die Kaufkraft da. Die äthiopische Regierung hat viel vor in diesem Bereich. Nach dem bereits 2021 verabschiedeten Entwicklungsplan möchte Äthiopien bis 2030 4800 E-Busse und 148 000 E-Autos importieren. Inzwischen sind große Hersteller im Markt. Im Juni war eine Delegation von Beiqi Foton Motor Co. bei dem äthiopischen Transport und Logistik Minister Dengue Boru Kosi, um den Aufbau einer LKW-produktion zu besprechen. Foton ist eine Tochter des staatlichen Pekinger Autoherstellers BAIC und der chinesische Joint Venture Partner von Mercedes. Sie bauen gemeinsam Mercedes Trucks. Foton CEO Chang Rui will „bald“ damit anfangen E-Autos zu bauen. Verbrenner-Trucks baut Foton schon länger in Afrika zusammen mit 12 Kleinfabriken, 43 Ersatzteil-Lagern und 8 Trainingscentern. Eben nicht nur in Äthiopien, sondern auch in Südafrika, Kenia, Ghana und Nigeria. Doch in vielen afrikanischen Ländern heißt es: Ohne ausreichend Strom, keine E-Autoindustrie. Das gilt auch für Äthiopien. Sonne, Wind und Wasser hat Äthiopien viel, aber zu wenig Öl.
Öl im Wert von 6 Milliarden US-Dollar musste die Regierung 2023 importieren. Der Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) am blauen Nil wird im Sommer 2025 fertig und soll dann 6000 GWh pro Jahr produzieren. Damit verdoppelt sich das die Stromangebot Äthiopiens. Der Energiebedarf des Landes steigt um 30 Prozent im Jahr.
Die Chinesen haben den Mega-Damm mitfinanziert. Geschätzte 1,8 Milliarden US-Dollar der Kosten von 4,8 Milliarden Gesamtkosten wurden aus China von der Exim Bank finanziert für die Turbinen und die Hydroeletronik. Der Staudamm ist in Afrika allerdings politisch umstritten, weil die Äthiopier den Ägyptern das Nilwasser wegstauen. Ein politisches Minenfeld für Peking, das die Lust in Afrika mehr zu investieren nicht größer macht.
Auch im Solarbereich ist China aktiv. Im Sommer haben die Chinesen mit Unterstützung der UNDP ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für erneuerbare Energien in Äthiopien eröffnet. Äthiopien hat derzeit 4500 MW installiert, hat aber ein Potential von 60 000 MW aus nachhaltigen Quellen. Derzeit entwickeln Chinesen und Äthiopier den 500 MW Solarpark Awash 55. Zum Vergleich: die größten Solarfarmen der Welt in Indien und China haben zwischen 2200 und 2300 MW. Und auch in Kenia gibt es Bewegung. Dort will der staatliche Hersteller Great Wall Motor zusammen mit dem lokalen Partner Crown Motors Group Pickups zusammenbauen.
Und im Juli hat sich Chery entschieden, 20 Millionen US-Dollar in eine Produktion zu investieren, die 3000 neue direkte und indirekte Arbeitsplätze schaffen soll. Die Produktionskapazität liegt bei 5000 bis 6000 E-Autos. Zunächst sollen SUV der Marke Omoda gebaut werden.
Ein Schwerpunkt des China-Afrika Forums liegt auch auf der Entwicklung einer Infrastruktur für grüne Energie. Dies deutet auf Pekings Bestreben hin, den Zugang zu afrikanischen Märkten angesichts der Handelsbeschränkungen der USA und Europas zu verbessern. Es spiegelt aber eben auch den Wunsch afrikanischer Regierungen wider, die Infrastruktur aufzubauen. Doch am Ende nützen alle Verhandlungen und gute Absichten nichts nach dem Ende des FOCAC Gipfels. Peking ist sicher bereit, in Vorleistung zu gehen. Doch auf Dauer werden chinesische Unternehmen nur in Afrika produzieren, wenn sie damit Geld verdienen können.
Foto©Xinhua
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