Junger Tibeter erzählt von ökologischer Weisheit der tibetischen Architektur
„Die tibetische Architektur, sei es die Gestaltung oder die verwendeten Rohstoffe, basiert auf dem Prinzip der minimalen Störung der Umgebung.“ Dies sagt Tashi Petru, ein 27-jähriger tibetischer Architekt, in dem jüngst in Japan ausgestrahlten Dokumentarfilm „Treasures“, einer chinesisch-japanischen Koproduktion. In der Dokumentation spricht Tashi über die tibetischen architektonischen, in seinen Augen, „Schätze“, die für ihn genau so große Aufmerksamkeit der Welt verdienen wie die schneebedeckten Berge und die mysteriösen Wälder seiner Heimat.
Tashi stammt aus Shangri-La in der autonomen Präfektur Diqing der Tibeter in der Provinz Yunnan. Nach dem Abitur studierte er Stadtplanung und Design an der Xi‘an Jiaotong-Liverpool University, einer chinesisch-britischen Universität in Suzhou in der Provinz Jiangsu. Nach seinem Uniabschluss gründete er mit einigen Freunden ein Architekturbüro in Suzhou und in Shanghai, die schnell im Jangtse-Delta Fuß fassen konnten und später auch in seiner Heimatprovinz Yunnan große Projekte erhielten.
In Shangri-La war Tashi ebenfalls an mehreren Projekten beteiligt, wie dem berühmten tibetischen Restaurant namens „Karakal“, der Shangri-La Village Music Academy und einem Zeltlager. Darüber hinaus hat er auch akademische Forschungen über volkstümliche Architektur in den tibetisch geprägten Gebieten in Yunnan betrieben.
In der Dokumentation nimmt der 27-Jährige die Zuschauer mit in ein tibetisches Dorf in Yunnan, um die einzigartigen Formen der lokalen Architektur vorzustellen, wie die „atmende“ Lehmwand.
Tashi zufolge enthält die tibetische Architektur viel ökologische Weisheit. „Die Tibeter, die in alpinen Regionen leben, haben große Ehrfurcht vor der Natur und bauen mit minimaler Störung der Umgebung. Die Häuser werden in der Regel in den Bergen gebaut, meistens fernab von Wasserquellen. Die beim Bau verwendeten Materialien stammen oft aus der Region und werden wiederverwertet.“
Die üblichen Lehmwände in der tibetischen Architektur sind beispielsweise nicht nur energiesparend und umweltfreundlich, sondern haben auch hervorragende Wärmespeichereigenschaften, die das Innere des Hauses im Winter warm und im Sommer kühl halten. Daten zeigen, dass die Feuchtigkeitsaufnahmekapazität tibetischer Lehmwände 30-mal höher ist als die herkömmlicher industrieller Baumaterialien. Der Energieverbrauch und die Kohlenstoffemissionen bei der Verarbeitung liegen unterdessen nur bei drei Prozent beziehungsweise neun Prozent im Vergleich zu Tonziegeln und Beton. Es sei gar nicht übertrieben, dass die tibetischen Lehmwände als „atmende Wände" bezeichnet würden, so Tashi.
In seiner Designarbeit greift der junge Architekt auch oft auf diese alte Weisheit zurück. Bei seinem jüngsten Projekt zur Gestaltung eines Aussichtspunkts im bekannten Bergmassiv Yulong Xueshan in Yunnan versuchten er und seine Kollegen, die einfachen Holzhäuser der örtlichen Hirten in Rastplätze für Besucher umzuwandeln sowie durch erneuerbare Energien und Öko-Toilettenmodule die Auswirkungen des menschlichen Baus auf die Umwelt zu minimieren. „Für mich ist ein maßvolles Leben mit Güte im Herzen der größte Schatz“, so Tashi Petru.
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